Von frühester Kindheit an wird Zelma ein rigoroses Programm geschlechtsspezifischer Erwartungen eingetrichtert. Irgendwann würde die Liebe all ihre Probleme lösen – da sind sich sämtliche Lieder und Märchen einig. Doch je älter sie wird, desto fragwürdiger erscheint Zelma dieses Konzept der Liebe. Je stärker sie sich anzupassen versucht, desto mehr wehren sich Körper und Geist. Doch warum begibt Zelma sich trotz innerer Warnsignale immer wieder in die Abhängigkeit von ungesunden Paarbeziehungen? »I have to forgive myself for relationships in the past where I was abused or was missing. We’re built to be hijacked and manipulated, and it’s not entirely our fault for not recognizing those behaviors immediately.« Regisseurin Signe Baumane macht mit ihrem berauschenden Animationsfilm all denjenigen ein Rehabilitationsangebot, die in die Falle toxischer Beziehungen tappen. Gemeinsam mit einer wohlwollenden Gehirnzelle ergründet Zelma die soziologischen, biologischen und psychologischen Hintergründe für Ihre Unfähigkeit zur Emanzipation. Anstatt in Selbsthass zu verfallen, bietet die Wissenschaft ihr versöhnliche – ja empowernde Erklärungen. Dass der Film dabei nicht in gefährliche biologistische Fahrwasser gerät, ist seinem klugen feministischen Witz, der ambivalenten Ästhetik aus cartoonhaften 2D-Figuren und sorgfältig konstruierten Pappmaché-Hintergründen, sowie nicht zuletzt seinen bissig-ironischen Musicalsequenzen zu verdanken.

Signe Baumane | LVA/USA/LUX 2022 | 108′ | EN, OmU