Das Transit Filmfest zeigt EYES WITHOUT A FACE: Gore war nie mehr so poetisch! Georges Franju seziert mit diesem einst verkannten Horrorklassiker die Nouvelle Vague bis auf die Knochen.
In seinem abgelegenen Schloss blickt ein brillanter, besessener Chirurg auf seinen bisher schwersten Fall: das völlig entstellte Gesicht seiner Tochter Christiane, das Professor Génessier – mad scientist im Feld der Gesichtstransplantation – selbst zu verantworten hat. Um die Schönheit seiner Tochter wiederherzustellen, lockt Génessier junge Frauen mit passenden Gesichtszügen in sein Anwesen und raubt ihnen in radikalen plastischen Operationen ihr Gesicht. Tochter Christiane verstößt indes das transplantierte Gewebe und die Polizei wittert auch Verdacht.
Georges Franju verpasste dem ätherisch-geisterhaften Realismus der französischen Nouvelle Vague einen ordentlichen Schuss expressionistische Absurdität und setzte neue Standards für die explizite, hyperrealistische Darstellung von Gore. Zwar schafften es die wunderschönen, schrecklichen Bilder an europäischen Zensor*innen knapp vorbei, doch die Rezeption des Films fiel, nunja, ›gemischt‹ aus: Zuschauer*innen wurden bewusstlos, Szenen wurden entfernt und Kritiker*innen verorteten den Film als Schund weit jenseits des guten Geschmacks. Heute gilt EYES WITHOUT A FACE als poetische Neuerfindung des Genrekinos und Georges Franju als Vordenker des Cronenbergschen Body Horror.
Georges Franju | FRA/ITA 1960 | 90‘