Das Transit Filmfest zeigt RETURN TO SEOUL (RETOUR À SÉOUL): Lost in Translation: Davy Chou schickt seine gespaltene Protagonistin durch ein satt-gefärbtes Kaleidoskop koreanischer Missverständnisse. Ein unvorhersehbarer Film mit beeindruckender Sogkraft.
ie zahlreiche Koreaner*innen während des Krieges wurde auch Freddie als Säugling von einem europäischen Paar adoptiert. Aufgewachsen in Frankreich, kehrt die 25-Jährige zum ersten Mal zurück in ihr Herkunftsland, dessen Sprache sie nicht spricht und dessen Sitten sie nicht kennt. Mit einem kurzentschlossenen Besuch bei der Agentur, die ihre Adoption vermittelte, beginnt eine in vier Episoden erzählte Odyssee, die ihre und unsere Vorstellung von Heimat, Familie und Identität auf die Probe stellt.
Freddie ist impulsiv – zu impulsiv für ihre Gegenüber. Mit jedem Dialog, in dem Regisseur und Drehbuchautor Davy Chou die naive Direktheit seiner Protagonistin mit koreanischer Höflichkeit konfrontiert, wird die nie völlig überwindbare Distanz deutlicher. Manchmal zögerlich, oft tollpatschig, kämpft und rebelliert Freddie gegen diese Distanz und muss doch mit ihr zurechtkommen. Chou kleidet dieses Ringen in klare Bilder, die besonders durch ihre satte Farbgebung überzeugen; Farben, die sich analog zur Protagonistin wandeln und ihre unvorhersehbare Entwicklung intuitiv sinnlich erfahrbar machen. RETURN TO SEOUL ist ein Kaleidoskop voller Entdeckungen, das Licht auf das südkoreanische Tabuthema der systematischen Auslandsadoption wirft – mit einer komplexen Protagonistin und einer offenen, zeitlich gebrochenen Erzählweise.
Davy Chou | FRA/DEU/BEL/QAT 2022 | 119′ | KO, OmU