23 Dez2024
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EINE FRAU
Uralte Bäume, deren knorrige Wurzeln sich tief in das Erdreich bohren: Die erste Einstellung von Jeanine Meerapfels filmischem Mosaik EINE FRAU ist ein Sinnbild, dessen Bedeutung im Laufe des Films immer klarer wird. Die Regisseurin nimmt das Publikum mit auf die Suche nach den Wurzeln und Verästelungen im Leben ihrer Mutter Malou, der sie bereits 1980 ihr gleichnamiges Langspielfilm-Debüt widmete. Zeit ihres Lebens befand sich Malou in permanenten Schwellenzuständen: Migration, Zurechtkommen, Anpassen, Scheitern. Wie ihr ging es einer ganzen Generation von Jüd*innen zur Mitte des 20. Jahrhunderts.
Dabei ist EINE FRAU kein Film, der um die minutiöse Reproduktion einer Lebensgeschichte bemüht ist. Wie die menschliche Erinnerung – wie das Leben der Exiljüd*innen – ist er durchzogen von Inkohärenzen und Brüchen, die dem Publikum Raum für die eigene Vorstellung lassen. Dass Meerapfel eine ästhetische Form des Erinnerns wählt und das Bild den Szenerien, Gegenständen und Situationen überlässt, die ihr auf der Reise durch Frankreich, Deutschland, die Niederlande und ihr eigenes Geburtsland Argentinien begegnen, öffnet immer wieder unverhoffte Türen zur Reflexion. EINE FRAU ist berührende Zeitgeschichte mit hypnotischer Sogkraft.
Jeanine Meerapfel | DEU/ARG 2021 | 104′